Es gibt verschiedene Theorien, warum in Hann. Münden, 300 km vom Meer entfernt, Narwalmotive viele Fachwerkhäuser schmücken.
Das Narwalhaus wurde nach dem 30jährigen Krieg (1618-1648) erbaut, der mit sehr vielen wirtschaftlichen und sozialen Verheerungen einherging. Diese Epoche der Spätrenaissance war eine Phase des Umbruchs vom Mittelalter in die Neuzeit mit ihren innovativen Wissenschaften. Den Naturwissenschaften kam immer mehr Bedeutung gegenüber der Religion zu.
Gegen Ende des 16. Jahrhunderts wurde das Nordpolarmeer durch Willem Barents erforscht, dem Lebensraum des Narwals.
Es gab wohl viel Bedarf an Neubauten. Hauseigentümer ließen ihre Fachwerkhäuser aufwändig verzieren, um ihren sozialen Rang und ihren Reichtum darzustellen oder um den Berufsstand zu repräsentieren.
Manche Motive besaßen eine eigene Symbolik, wie z.B. das Einhorn, das auch im Mündener Fachwerk vorkommt.
Den Narwal gibt es als Motiv im Fachwerk bislang offensichtlich nur an Häusern in Hann. Münden, Hardegsen und Beverungen zu entdecken. Also in einem sehr eng begrenzten Gebiet.
Sein Zahn galt seit dem Mittelalter als Stirnwaffe des fabulösen Einhorns. Solange die Herkunft der gedrehten Zahnstangen unbekannt war, wurde dieses „Ainkhürn“ mit Gold aufgewogen.
Einhorn: Symbol der Unschuld Mariens
„Das Horn des angeblichen Einhorns galt im Mittelalter als Reliquie (Symbol der Unschuld Mariens) und in pulverisierter Form als Heilmittel, das in Apotheken verkauft wurde (ein ähnlicher Missbrauch wird bis heute mit Hörnern von Nashörnern getrieben). Narwal-Stoßzähne fanden ihren Weg als angebliche Einhorn-Hörner in einzelne Kirchen, vor allem aber in die Kunst- und Wunderkammern der Herrschenden und später auch in Apotheken und bürgerliche Kuriositätensammlungen – als seltenes und teures Handelsgut von Seefahrern und Walfängern.“ (Dr. Heinrich Stiewe)